Du bist nichts wert!

Hi, du Loser, na haste dein Leben nicht im Griff?

Bist bestimmt faul!
Willst sicher auch nicht arbeiten gehe!
Oder du nimmst Drogen! 
Sicher nimmst du Drogen!

Ach ja, selber dran schuld, sag ich nur, du Opfer.

 

Mir -weißt du-; mir kann so etwas nie passieren.
Ich bin besser als du.
Das sag ich dir natürlich nicht direkt.
Aber das weiß ja eh Jeder.
Solche wie dich braucht kein Mensch.

Ich gehe arbeiten.
Ich habe eine Familie.
Ich nehme keine Drogen.
Ich lebe nicht auf der Straße.
Ich bin ein wertvolles Mitglied dieser Gesellschaft.
Ja, ich bin Wer!

Du dagegen, ach, wer braucht dich schon?!
Du lebst auf unsere Kosten!
Du bist einfach nur faul!
Du bist ein Nichts!

 

Was meinst du?                                   Gibt es ein "selber dran schuld"?

Eine Blume die aus dem Beton einen weg gefunden hat um trotzdem zum Licht zu wachsen.

Ist es nicht einfach die eigene Angst der Menschen, die das sagen?
Ihre Angst wahrnehmen zu müssen, dass auch ihr Leben jederzeit ganz schnell bergab gehen kann.

Und keine Angst, ich beiße nicht, ich fauche bei der Aussage nur und würde dann gerne in eine Diskussion treten, aber bitte habe mehr Wissen und Diskussionsstoff  über Obdachlosigkeit, als nur die üblichen schnell dahin geworfenen Sprüche.

Eine vernünftige Diskussion lebt von nachvollziehbaren Inhalten und nicht von irritierenden und leeren Behauptungen.
Es lässt sich keine Diskussion aufbauen, wenn du dich noch gar nicht mit Obdachlosigkeit auseinander gesetzt hast, aber fleißig mit Vorverurteilungen um dich wirfst.

Gerne erkläre ich es oder vermittle Wissen darin, aber Energie an Menschen, die nur eine Bestätigung ihrer festgefahrenen Denkweise wollen, verschwende ich nicht (mehr).

Bin ich selber dran schuld, dass ich schwer traumatisiert wurde, als man mich mit 6 Monaten in der Wohnung meiner Eltern allein ließ? Mit meiner Schwester die gerade mal 2 Jahre alt war.

Bin ich selber dran schuld, dass ich bei meinen Adoptiveltern immer wieder vor Gewalt weggelaufen bin, um Hilfe zu bekommen?
Hilfe, die nicht kam. Ja, ich war ein extrem undankbares Kind. Ich konnte doch froh sein, dass ich überhaupt Eltern bekommen habe! Dass es Menschen gab, die mich überhaupt noch genommen haben!

Bin ich selber dran schuld, dass ich nach Missbrauch und Gewalt auf der Straße zu Drogen griff, um die Welt der Straße erträglicher zu machen? Um mein Innerstes zu schützen?

Bin ich selber dran schuld, dass man mich unter meiner Brücke in meinem Bretterverschlag angezündet hat, mit den Worten, wir sollen sterben?

Ich weiß es nicht, aber du weißt es ganz sicher, oder!?
Du wirst es mir auch ganz bestimmt mitteilen, oder!?
Na ja, nicht direkt mir, weil da ist deine angebliche überlegene Stärke dann doch zu klein für, aber du wirst es jedem im Internet und allen nicht betroffenen Menschen sagen.
Auch noch denen die noch am Boden liegen, weil da bietet sich das so an, um selber wieder ein Stück zu wachen und sich größer als andere zu fühlen.
 

Für dich mag ich ein Opfer sein.
Ich sehe mich nicht als Opfer, sondern als Mensch, der versucht hat irgendwie zu überleben.
Der viel stärker ist, als du und oft auch die Gesellschaft ihm zugesteht, weil das Leben auf der Straße ist sicher nichts für faule Menschen.

Kuschelkurs ist da ausverkauft.
Ausschlafen ... träum weiter!
Sei froh, wenn du überhaupt ein paar Stunden schläfst.

Da gibt es um 17 Uhr keinen Feierabend.
Wochenende ist auch komplett gestrichen.
Ach und Urlaub kannste knicken.

Weißt du, wie es ist, wenn in deinem Leben plötzlich nichts mehr so ist wie vorher?

Wenn dein Kind stirbt?
Wenn du deine Arbeit verlierst?
Wenn bei einem Unfall jeder im Auto stirbt, nur du nicht.?
Wenn sich dein Partner trennt und vielleicht dein Freundeskreis gleich mit wegbricht?
Wenn dich eine schwere Krankheit plötzlich umwirft oder dein Lieblingsmensch daran stirbt?
Wenn du einen für andere vielleicht auch scheinbar nur leichten Schicksalsschlag erleidest und alles wegbricht?

Für dich als Außenstehender gar nicht sichtbar.
Darum stehst du ja außen und hast keine Ahnung, was im innen wirklich passiert.


Was auch nicht schlimm ist.
Ich habe auch von so vielem keine Ahnung.
Es ist schlimm, wenn du so
tust, als hättest du Ahnung, was, wie wo der andere erlebt hat und den Menschen, der es wirklich erlebt hat, in seiner Haut, in seiner Wahrnehmen, in seinem Leben, somit Hilfe absprichst und verurteilst.

Den am Boden liegenden noch "treten" mit Sprüchen wie "selber dran schuld" sagt mehr über dich, als über den Menschen "unter" dir aus!

Was für dich einfach erscheint, ist für andere unheimlich schwer.            Was für andere einfach erscheint, ist für dich unheimlich schwer.

Ich bin 100 km in meiner Wohnung gelaufen, in 24 Stunden und 47 Minuten. Ja, 100 Kilometer!
Was du kannst das nicht? Ey du Opfer, du musst nur loslaufen.

Ist doch ganz einfach!

Kann ich doch auch!

Oder bist du etwa zu dumm zum Loslaufen?!

Mir fällt es leicht und wenn es dir nicht leicht fällt, dann bist ganz einfach DU das Problem!
Ist doch ganz logisch.


Weißt du, dass viele betroffene Menschen selber mal gesagt haben, der Betroffene ist selber dran schuld?

Wie viele dachten, ihr Leben sei sicher.
Ihre Wohnung sei sicher.
Ihre Wurzeln.
Ihr Umfeld,
Ihre Freunde.
Ihre Arbeit.
Ihre Gesundheit.
Ihr finanzieller Status.
Eben ihr Leben, wie es gerade war.



Und natürlich möchte man das gerne glauben, was würde es mit uns machen, wenn wir uns wirklich bewusst machen: Alles, was wir haben, kann sich innerhalb von 1 Millisekunde ändern.

Es würde uns in ständige Angst versetzen. Ich habe einmal gelesen, Wut ist besser als Angst und ja, dem stimme ich zu.

Kenne ich von mir selber.

Früher war ich rückblickend immer dann aggressiv und wütend, wenn ich eigentlich nur tierische Angst hatte.

Heute weiß ich das und kann mich meinem eigenen Problem dann stellen und mit ihm arbeiten, ohne im Außen mich abarbeiten zu müssen.




Auf faule Menschen wütend zu sein, die selber schuld sind und ja gar nicht anders wollen, ist natürlich sehr einfach.

Nach unten geht es schnell, nach oben ist es so schwer.

Und selbst wenn du da rauskommst; dann ist es ein langer Weg zurück in die Gesellschaft. Weil diese Gesellschaft drückt dir immer noch einen Stempel auf, sobald sie von deiner Vergangenheit erfährt. Diese Gesellschaft vergisst nie, wo du einmal warst. Oft sehen die Menschen auch da nicht die Stärke, dass du das überlebt hast und es zurückgeschafft hast. NEIN, sie erzählen dir ständig, wie unverständlich es ist, überhaupt einmal dort gelandet zu sein.


Klein halten klappt bei mir allerdings nicht (mehr).
Musst dich und dein eigenen Problem woanders abarbeiten, nicht bei mir.
Am besten an gar keinem anderen Menschen!

 


Bitte begegne den Menschen auf der Straße auf Augenhöhe -anderen Menschen bitte auch-. IMMER!
Sie haben keine Wohnung, das ist kein Grund, sie wie unmündige Menschen zu bevormunden oder zu beleidigen.

Sei einfach froh und dankbar, dass dein Leben gerade gut läuft.

Wenn du Diskriminierung, Beleidigung von wohnungslosen Menschen siehst oder hörst, schreite ein.
Gib den Menschen (d)eine Stimme, die ihnen die Gesellschaft genommen hat.
Mach dich stark, nicht, weil sie Opfer sind, sondern weil sie Menschen sind, wie du und ich. Kein Mensch hat einen anderen Menschen zu diskriminieren oder zu beleidigen. Egal ob mit oder ohne Wohnung.

Jeder Mensch sollte sich dafür starkmachen, dass so etwas nicht passiert.


Der Text ist extra sehr pauschal gehalten.
Weil es aufrütteln soll.

Mir ist natürlich klar, dass nicht alle so denken.
Manchmal muss man aber sehr provokativ schreiben um auch in die hintersten Ecken einiger Denkmuster zu kommen.

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