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Entmenschlichung

Der Obdachlose

Immer wieder reden Menschen mit mir und sagen "ja der Obdachlose".
In Berichten steht oft: "der Obdachlose".
Reporter, Journalisten reden über "die Obdachlosen".


Meine ernsthafte Frage, warum nennt ihr wohnungslose MENSCHEN so?

Der Obdachlose.

Er/Sie wird nur noch über den „Zustand“ obdachlos definiert. Es ist egal, ob männlich oder weiblich. Wo doch so viele darauf heute bestehen.

Es war nicht wichtig, ob er/sie einen Namen hatte. Das Wort Mensch wird einfach rausgefiltert.
Es war einfach sprachlich und oft auch im Kopf nicht mehr von dem Menschen, die Rede. Nicht der wohnungslose Mensch, wo der Mensch im Vordergrund steht. Nein, es war nur noch die Rede von der Wohnungslose, der Obdachlose.

Der Zustand, wohnungslos ist scheinbar oft das Zentrale, was gesehen wird.  Das aber  oft im negativen Kontext.



Ich denke, da findet die erste Entmenschlichung statt.
Sprache macht etwas mit den Menschen. Sprache verändert auch dein Denken, deine Sicht auf den Menschen.
Und hier macht sie etwas ganz Gefährliches, sie entmenschlicht eine Personengruppe, die eh schon nicht mehr als Teil der Gesellschaft gesehen wird.


Es wird auch oft gesagt, der Obdachlose ist so und so. Der Obdachlose will Das und Das ja gar nicht.
Genau wie wohnende Menschen unterschiedlich sind so, sind auch wohnungslose Menschen unterschiedlich. Ihre Lebenswege. Ihre Geschichte. Ihr Charakter und so vieles mehr.

Der, die, den Obdachlosen gibt es nicht!!

Es gibt auch nicht einfach den immer gleichen Obdachlosen, der einfach nur seine Miete nicht bezahlt hat.
Es gibt nicht den Obdachlosen, der immer einfach nur selber dran schuld ist.

Meinst du wirklich, die über 650.000 wohnungslosen Menschen sind alle gleich und haben einfach nur ihre Miete nicht bezahlt? Machst du es dir mit solchen Sprüchen nicht ein bisschen zu einfach?
Diese Zahl ist übrigens eine Schätzung von 2019. Die Dunkelziffer ist deutlich höher.



Viele leben jahrelang aus Scham im Verborgenen.
Die wohnungslosen Menschen, die du auf der Straße sieht, das ist nur ein ganz kleiner sichtbarer Teil.

Weißt du, wie oft du schon einem wohnungslosen Menschen begegnet bist, ohne es zu wissen oder zu merken?
Hast du auch ein ganz bestimmtes Aussehen im Kopf, wie ein wohnungsloser Mensch aussieht?
Sieht jemand nicht so aus wird er auch von dir automatisch als Mensch mit Wohnung wahrgenommen?

 

Der Wohnende

Übrigens bist du auch an vielem nicht so Guten in deinem Leben selber dran schuld. Möchtest du deswegen nicht mehr als Mensch gesehen werden? Als vollwertiger Mensch, der ein Recht auf Menschenwürde und Hilfe hat?


Soll ich sagen, der Wohnende ist an seinem Mindestlohn-Job selber schuld? An seinem Übergewicht, an seiner Insolvenz, an seinem Burn-Out, an seinem Kreditratenstau…...an was auch immer. Finden tut man immer Etwas, wo andere Selber dran schuld sind. Man muss sich nur etwas aus vielen Möglichkeiten rauspicken und dir den Satz;“Selber dran Schuld!“ oft genug um die Ohren klatschen. Dann fühlst du dich irgendwann auch schlecht genug und nicht unbedingt  als Mensch und auf Augenhöhe behandelt.

Die Frage ist, warum tut man das?

Nur um sich selber besser darstellen zu können oder sich dem Problem, was die Gesellschaft sehr wohl was angeht, nicht stellen zu müssen?

Mit dieser Frage endet mein Beitrag ganz bewusst.
Bleib sauber und fröhlich gesund.

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