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Du hast doch Urlaub oder etwa nicht...

Das wird mir oft gesagt, wenn ich sag, dass ich Frührentnerin bin.

Tja, wie Urlaub fühlt sich das gerade nicht an. Hat es sich noch nie.

 

Durch das große "C" bin ich gerade zum Nichts-Tun verdammt und lerne das Leben kennen, wie es wäre, wenn ich wirklich meinen "Dauerurlaub" namens Grundsicherung hätte und nicht meine ganzen Ehrenämter hätte.
Und wisst ihr was, dieser Urlaub fühlt sich gar nicht gut an.


Selbst wenn jetzt irgendetwas auf hätte, hättest du ja eh nicht das Geld, es zu tun. Also was tust du herum sitzen.

Putzen, Malen und Schreiben wird auf Dauer auch eintönig. Man möchte ja auch gefordert werden. Weihnachtsfilme, wenn ich noch einen sehe, dann lege ich mich stark wippend in Embrionalstellung auf das Sofa und weine mich in den Schlaf.

Du versuchst, nur noch den Tag irgendwie herum zu bekommen. Guckst ständig auf die Uhr, wann kann ich endlich in mein Bett und schlafen.
Wenn ich mir vorstelle, das hätte ich seit Jahren, dann wüsste ich, wo ich heute wäre. Nämlich in schweren Depressionen.
 

So etwas kann nicht gesund sein und nein, das fühlt sich auch nicht nach Urlaub an. Mach einmal 5 Jahre Urlaub, egal, was du tust, es fühlt sich nicht mehr wie Urlaub an, weil es keiner ist, es ist dann Alltag. Wenn du dazu noch deine Geldbörse verlierst, ist der Urlaub eh gelaufen.



Aber viele Leute sehen nur, du musst nicht arbeiten. Mehr sehen sie selten.

Heute ist darum ein echt toller Tag für mich. Ich bekomme morgen Kartons geliefert, die ich sortieren darf. Für gemeinnützige Zwecke und ein Teil, damit es verkaufen werden kann.
Die Begegnung wird so gemacht, dass ich mich natürlich schütze mit Maske  die auch mich schützt usw.

Ich habe vor einiger Zeit durch eine Moria-Flohmarkt-Aktion jemanden kennengelernt. Sie hatte das damals ins Leben gerufen. Wir blieben in Kontakt und so fragte ich Sie, ob ich irgendwo kontaktlos helfen kann.
Schwupp war eine Idee da und somit bin ich heute total dankbar, dass ich helfen kann, dass ich selber aber auch wieder etwas zu tun habe und gefordert werde.

Und glaubt mir, der große Teil möchte das. Und braucht das, um gesund zu bleiben.
Ich bin überzeugt davon, dass der andere Teil auch nicht aus Spaß an der Freud "faul" ist, sondern depressiv.

Ich habe mit erschrecken festgestellt, dass wenn Empfänger von Leistungen ehrenamtlich helfen, sich schämen das zu sagen, weil sie dann als "faul" gelten. Und während Gesprächen, wo niemand sich outen will, bekam man genau diese Meinung im Gros mit.

Spätestens dann erzähle ich, wer ich bin, um sofort einmal darüber zu reden, was an solchen Vorurteilen/ Stammtischsprüchen dran ist.

Junks werden eh nie clean.

Wohnungslose Menschen wollen einfach nicht anders und sind selber dran schuld.

Bezieher von Harz4/ Grundsicherung sitzen nur vor RTL 2 und rauchen/ trinken. Wollen alle nicht Arbeiten. Sind gar nicht Krank genug um berentet zu sein.

Und da ich Beschimpfungen, Shitstorms, Verurteilungen u.s.w. gewohnt bin und nicht auf mich beziehe, sind mir eventuelle negative Reaktionen egal. "Komischerweise" kommen die bei einem Auge in Auge Gespräch nie.

Dann fängt nämlich das große Stottern an. Mittlerweile bekomme ich dann mit, wie andere Leute sich auch trauen, zu sagen, ich beziehe Leistung.
 
Es steht nämlich einfach niemand anderem zu, darüber zu urteilen, wer was verdient hat.
 
Wenn man danach ginge, hätte nie irgendjemand irgendetwas verdient, weil für mindestens 1 Person auf diesem Planeten bist genau du der falsche Mensch. Der Mensch, der keine Hilfe verdient hat.
Ja, genau DU!
Glaubst du nicht, da kannst du dir aber sicher sein.


Meine Antwort auf so etwas, es gibt keine Falschen.
 
Ich helfe!
 
Ich habe nicht darüber zu urteilen.
 
Ich lebe nicht sein Leben gehe nicht in seinen Schuhen.



Also helf.
Und wenn du nicht helfen möchtest, ist das ja auch okay, aber dann urteile nicht über Menschen, die du nicht kennst.

Von Außen sehen die Wohnzimmerfenster von anderen Menschen immer heller erleuchtet aus als das Eigene von Innen.

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